Ende August hat der Verband ICT-Berufsbildung in Bern die neue Diplomausbildung zum ICT Security Expert lanciert – zusammen mit Bundesrat Johann Schneider-Ammann. Im Interview mit der Redaktion sprach er über das Wettrüsten mit Cyberkriminellen und darüber, wie er trotz Digitalisierung die Vollbeschäftigung in der Schweiz sicherstellen will.
Bundesrat Johann Schneider-Ammann (links) zusammen mit Coen Kaat.
Der grosse Cyber-Angriff auf die Ruag etwa liegt bereits ein Jahr zurück und zu dem Zeitpunkt waren die Hacker bereits seit rund 18 Monaten im System drin. Warum hat es so lange gedauert, die Ausbildung zum ICT Security Expert zu lancieren?
Johann Schneider-Ammann: Zu spät ist es nicht. Die gute Vorbereitung und die gründliche Konzipierung, die der Ausbildung nun zu Grunde liegen, sind längerfristig wichtiger als ein Schnellschuss: Der Lehrgang mag zwar etwas später einsetzen, doch wird er jetzt allen Anforderungen der Partner gerecht. Wenn die Sicherheitsexperten in Zukunft ihren Auftrag erfüllen, redet niemand mehr davon, ob mit der Ausbildung ein Jahr früher oder später begonnen wurde.
Wie kann man im Wettrüsten mit Cyberkriminellen die Nase vorn behalten?
Es ist ein Wettrennen um Informationen und um einen zeitlichen Vorsprung. Zudem ist es ein äussert weitläufiges Gebiet. Die Attacken sowie die Methoden und Instrumente dahinter sind von unterschiedlichster Art. Cybercrime ist eine eigene Industrie. Wenn man sich davon distanzieren will, bleibt nichts anderes übrig, als prophylaktisch die Softwareentwicklung entsprechend abzusichern. Und im Falle einer Attacke diese mit gesicherter Transparenz zu analysieren. Aufgrund der Informationen kann man dann die richtige Gegenstrategie entwickeln.
Nationalrat Grüter hat in seiner Rede für ein nationales Cyber-Lagezentrum plädiert. Werden Sie sein Vorhaben unterstützen?
Es sagte nicht, ob das Zentrum privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich aufgestellt werden soll. Privatrechtlich wäre ich sofort dabei. Wäre dieses Zentrum aber im öffentlich-rechtlichen Bereich angesiedelt, könnte eine derart zentralisierte Struktur zu langsam sein. Wir brauchen eher kleine, schnelle Einheiten und ein sehr gezieltes Abwehrdispositiv.
Wie bleiben Sie selbst in Sachen ICT auf der Höhe?
Unter anderem durch Anlässe wie diese Lancierung des ICT Security Expert. Letzte Woche war ich im Cyber-Valley im Kanton Zug. Ich habe mich einen halben Tag mit praktischen Anwendern von Technologien unter anderem über die Vermeidung von Cyberschäden unterhalten. Das war ein wertvoller Einblick.
Welche Schritte planen Sie, um die Vollbeschäftigung trotz der Digitalisierung sicher zu stellen?
Die Beschäftigung hängt immer mit der Konkurrenzfähigkeit und somit auch mit der Innovation zusammen. Letztere wird durch kompetente und qualifizierte Arbeitskräfte getrieben. Diese wiederum brauchen eine gute Ausbildung. Die Kette Ausbildung, Innovation, Konkurrenzfähigkeit müssen wir sorgfältig pflegen und in neue Beschäftigungsbereiche übertragen. Dann sind auch die Voraussetzungen gegeben, praktisch vollbeschäftigt zu bleiben.
Wie wollen Sie diesen Prozess unterstützen?
Der Staat kann die Rahmenbedingungen kreieren, indem wir beispielsweise für die Cyber-Domäne ein paar wenige Leitlinien vorgeben. Diese werden aktuell ausformuliert. Hier gilt aber: weniger ist mehr. Wir wollen nur das notwendigste klären und nicht überregulieren.