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Andreas Rubinski: “Unsere Mitarbeiter sind attraktiv für andere Unternehmen”

Anfang Januar hat Bechtle Andreas Rubinski zum Geschäftsführer der Systemhäuser in Zürich und Basel ernannt. Kaum einen Monat später übernahm Rubinski auch die Leitung der Berner Niederlassung. Es sei Zeit gewesen, das standort­­bezogene Denken aufzugeben und sich stärker zu vernetzen, sagt er im Interview. Das sahen aber nicht alle Mitarbeiter gleich.

Ende Januar haben Sie die Leitung des Berner Systemhauses übernommen. Wie verlief die Stabübergabe von Stefan Ellenberger zu Ihnen?

Andreas Rubinski: Bechtle hatte sich mit Stefan Ellenberger darauf geeinigt, dass er das Unternehmen Ende Januar verlassen werde. Wir pflegten bis zu seinem letzten Arbeitstag einen guten und kollegialen Kontakt zueinander. Trotzdem war es natürlich ein sehr angespannter Moment.

Woher kam diese Spannung?

Als er ging, war das für das Berner Team ein einschneidender Moment. Die organisatorischen Veränderungen, Möglichkeiten und Herausforderungen entstanden dadurch, dass wir die Systemhäuser in Basel, Bern und Zürich zu einer grossen Organisation vernetzten. Die meisten unserer Mitarbeiter in der Schweiz sind andere Verhältnisse gewohnt. Denn Bechtle entstand hierzulande vor allem durch die Übernahme kleinerer Unternehmen. Aber erst durch die Vernetzung mit den anderen Gruppen kann man das Potenzial ausschöpfen, das so eine grosse Gruppe wie Bechtle besitzt.

Was erhoffen Sie sich durch diese Vernetzung?

Ich will die Vernetzung nutzen, um Projekte anzugehen, die im Alleingang nicht möglich sind. Ist ein Standort noch zu klein für ein Kompetenzzentrum, bauen wir es zunächst an einem grösseren Standort auf. In Zürich etwa beschäftigen wir 35 Systemingenieure. Die Grösse reicht aus, dass wir uns dort auch hochspezialisierte Mitarbeiter leisten können. In Zürich sitzt auch die zentrale Leitung für alle Systemingenieure der drei Standorte. Für den Vertrieb ist hingegen eine dezentrale Struktur vorteilhaft. Unser Vertrieb spricht die gleiche Sprache wie unsere Kunden, sie haben ähnliche Geschichten, Mentalitäten und den gleichen Humor.

Wie kommt das bei Ihren Mitarbeitern an?

Manche Mitarbeiter verlangen förmlich nach mehr Zusammenarbeit. Das müssen wir noch mehr fördern. Gerade Techniker finden sich sehr schnell über Sachthemen und können sich dann gegenseitig dafür begeistern. Auch wenn sie schon 30 Jahre in dem Bereich arbeiten, wollen sie wissen, wie alles funktioniert. Die Leidenschaft, mit der auch ein Sechzigjähriger über neue Technologien sprechen kann, finde ich beeindruckend. Zudem wollen wir auch die Projektabwicklung zentralisieren, optimieren und besser für unsere Kunden wertvoll gestalten. Die Vernetzung ist Programm. Denn wir wollen überall das Potenzial der ganzen Bechtle-Gruppe nutzen. Das sahen nicht alle immer genau so.

Es kam also zu Konflikten?

Es mussten Vorurteile ab- und Vertrauen aufgebaut werden. Ich stellte die Teams also erst einmal einander vor. So wollte ich den Mitarbeitern in Bern zeigen, dass sie nicht alleine sind, sondern Teil einer grossen Organisation. Mittlerweile haben sich die Berner, die Basler, die Reinacher und die Zürcher gefunden.

Kurz nachdem Sie das Systemhaus in Bern übernommen ­hatten, ­kündigten elf Mitarbeiter. Woran lag das?

Ein paar hatten schon zuvor gekündigt. Andere kamen in Kontakt mit einem Mitbewerber von Bechtle, einem KMU, und gingen dorthin.

Ist es üblich, dass gleich ganze Gruppen von Mitarbeitern zu einem Konkurrenten wechseln?

Es mag daran liegen, dass wir sehr viel in die Ausbildung und Zertifizierung unserer Mitarbeiter investieren. Das macht unsere Mitarbeiter attraktiv für andere Unter­nehmen.

Wie wollen Sie verhindern, dass so etwas wieder passiert?

Ich will ein Verständnis schaffen für die Vernetzung im Konzern und den Weg, den wir gemeinsam gehen. Wir sind alle Bechtle. Diese Haltung ist mir sehr wichtig. Wenn ich nach Hause komme, bin ich für meine Familie auch der Bechtle-Mann. Also der, der für Bechtle arbeitet. Alle unsere Mitarbeiter, ob Systemingenieur, ob Verkaufsmitarbeiter, ob Sachbearbeiter, ob Techniker. Bei jeder Begegnung mit einem Kunden steht die Person für Bechtle. Nicht nur für den einen Bechtle-Standort, sondern für Bechtle als Ganzes.

Wann übernehmen Sie die Leitung des St. Galler System­hauses?

Das steht nicht zur Debatte. Das Systemhaus in St. Gallen ist gut ausgerichtet. Mit der Übernahme von Niederer Engineering Ende des letzten Jahres hat sich der Standort weiter verstärkt.

Wie stark ist St. Gallen mit Ihren Systemhäusern vernetzt?

Wenn in St. Gallen die Spezialisten fehlen, verkaufen unsere Systemingenieure ihre Leistungen dorthin. So werden die ausgezeichneten Generalisten durch Spezialisten von anderen Standorten ergänzt.

Andreas Rubinski, Bechtle

Andreas Rubinski, Geschäftsführer der Bechtle Systemhäuser Bern, Basel und Zürich. (Quelle: Netzmedien)

Was sind Ihre Pläne für Bechtle?

Derzeit führt Swisscom den Markt an mit einem grossen Abstand auf all die anderen Teilnehmer. Ich will aber nicht einer von vielen sein, sondern mich von den Mitbewerbern absetzen. Wir adressieren auch grosse Unternehmen mit grossen IT-Abteilungen. Wenn wir diese Kunden beraten wollen, brauchen wir die Spezialisten, die der Kunde selbst nicht hat. Nur so generieren wir einen Mehrwert für unsere Kunden.

In der Schweiz entwickelt sich der Umsatz derzeit aber ­rückläufig. Wieso hinken Sie dem Erfolg der internationalen Gruppe hinterher?

Der Umsatz blieb im letzten Jahr nahezu konstant. Das Marktwachstum ist in Deutschland viel besser als in der Schweiz. Hier hatten wir in den letzten Jahren ein flaches Wachstum auf dem IT-Markt. Das ist mitunter einer der Gründe, wieso wir uns hier und da besser aufstellen.

Wie wollen Sie das erreichen?

Die Vernetzung ist sicherlich ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Daneben stellen wir uns technologisch so auf, dass wir unseren Kunden die Lösungen anbieten, die immer wichtiger werden. Dazu gehört etwa die Cloud. Wir helfen Unternehmen dabei, sich für die Cloud bereit zu machen. Viele sind das nämlich noch nicht, obwohl viel über die Cloud geredet wird.

Wie viele Hersteller haben Sie im Sortiment?

Insgesamt arbeitet Bechtle mit rund 300 Herstellern zusammen.

Was erwarten Sie von den Herstellern?

Exzellente Produkte, die wir den Kunden zusammen mit unseren Dienstleistungen als Gesamtlösungen anbieten können. Von den Herstellern kommen momentan sehr innovative Lösungen. Ich denke da etwa an Power, ­Spectrum Storage von IBM oder 3PAR Storage, Moonshot von HPE.

Was bietet Bechtle seinen Kunden?

Den Kunden bieten wir Orientierung unter den vielfältigen Lösungen und das nötige Know-how. Denn ihr Geschäft ist ja nicht die IT. Die IT ist für sie aber das wichtigste Mittel, um Geschäfte zu machen. Deswegen brauchen sie einen Berater, der ihnen hilft, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Haben sich die Anforderungen Ihrer Kunden geändert?

Früher waren Unternehmen sehr stark auf die Infrastruktur konzentriert. Da musste jeder Mitarbeiter einen PC und einen Drucker haben. Später wurde es dann notwendig, dass jede Abteilung einen eigenen Server haben sollte. Sie betrachteten die IT als eine Frage der In­frastruktur. Heutzutage geht es mehr darum, wie man mit der IT neue Umsätze generiert. Da tauchen ganz neue Lösungen auf wie etwa SaaS- oder PaaS-Angebote. Nun muss die IT für den Kunden so einfach wie möglich sein. Sie brauchen die Infrastruktur – aber ohne sich damit beschäftigen zu müssen. Die IT ist heute mehr denn je die Schlüsselindustrie, nur ist der Schlüssel nicht mehr aus Stahl, sondern eine App.

Das Logistikzentrum in Neckarsulm führte unlängst Datenbrillen für seine Mitarbeiter ein. Sind Wearables auch für Sie in der Schweiz ein Thema?

Im Moment noch nicht. Aber sobald die Testphase in Deutschland vorbei ist, werden wir die Datenbrillen auch in der Schweiz einführen. Denn für die Logistik bedeutet dies eine massive Optimierung. Wenn ein Mitarbeiter mit einer Datenbrille ein Paket aufhebt, wird der Barcode darauf bereits eingelesen. Da muss niemand mehr etwas eintippen. Ein Blick genügt.

Wie lautet Ihre persönliche Botschaft an den Channel?

Es macht mir Freude, ein Teil davon zu sein. Ich treffe oft auf meine Mitbewerber und deren CEOs. Das sind immer sehr respektvolle Begegnungen. Es ist wie beim Sport. Mal gewinnt man, mal verliert man. Dazwischen pflegt man jedoch einen fairen Umgang miteinander.

Rote Karten gibt es da keine?

Die gibt es hier und da auch. Aber am Anfang und am Ende des Spiels gibt man sich trotzdem die Hand.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich auf IT-Markt.ch 

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